1000 Engel, Andreas Kirche Springe
"Rimkus sammelt seit Jahrzehnten die Wander-, Spazier- und Krückstöcke verstorbener Menschen. Ein semantisch wie emotional hoch aufgeladenes Objekt. Es steht zeichenhaft für den zurückgelegten Lebensweg, in Form von Wanderemblemen auf dem Schaft des Wanderstabes. Oder war er letzter Begleiter am Ende der „Lebensreise“ als Krückstock und Gehilfe? Der Stab, auf der Erde vertikal stehen, weist gen Himmel, wächst dem Licht entgegen. Im Griff macht er eine Biegung, eine Abwärtsbewegung zur Erde, hin zum Vergänglichen. Rimkus schuf aus diesen Stab-Objekten ein skulpturales Gebilde, eine Kugel, einen begehbaren Kokon, der sich wie das Innere in einem Wirbelsturm zur Decke hin auflöst. In dessen Mitte ruht eine goldene Kugel auf einem Schneekissen. Erinnerungen an das Märchen des Froschkönigs werden wach. Beim Berühren der kinderkopfgroßen Kugel wird man ihrer fiebrigen Wärme gewahr. Die Berührung bringt sie zum Klingen. Schlaflieder aus aller Welt säuseln innerhalb des Kokons. Ein Blasebalg in einer Ecke des Kirchenraumes bäumt sich von Zeit zu Zeit asthmatisch auf, um in einem immer wieder letzten Atemzug pfeifend zu versiegen. Ingo Bracke hat aus diesen Klängen einen Soundscape entwickelt, der leise im Kirchenraum klingt, der das Umfeld der Kirche bespielt. Seine Lichtarbeit konzentriert sich auf die grafische Qualität der Stöcke und ihrer Schatten. Durch langsame Überblendungen verschiedener Scheinwerfer wird der gesamte Kirchenraum in leichte Bewegung versetzt. Stöcke leuchten auf und ihre Gegenbilder des Todes zeichnen sich als Schatten auf Wand und Gewölbe des Kirchenraumes ab. Im Außenbereich der Kirche schweben die Töne einer Klanginstallation, die sich mit dem grünlich schattigen Licht auf dem Kirchhof verbinden. Der Turmhelm thront über allem, mit klaren Lichtfrakturen weithin strahlend, die ihn wie in einem durchsichtigen Röntgenblick erscheinen lassen."
Fotos: Jürgen Brinkmann, (c) VG Bildkunst, Andreas Rimkus und Ingo Bracke
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